| Liebe Mitglieder des Pfarrverbandes, liebe Leserinnen und Leser! "Zauber im Glauben": So lautet das Motto dieses Pfarrbriefs. Es gibt Dinge im Glauben, die auch auf mich einen Zauber ausüben: Ich denke an bedeutende Bauwerke wie beispielsweise den Kaiserdom in Speyer, an die Glasfenster in der Kathedrale von Chartres (13. Jahrhundert) oder an die Wallfahrtskirche in Ronchamp von Le Corbusier (erbaut 1954), um nur einige wenige zu nennen. Aber auch in der Musik begeistern mich (unter anderem) das "Gloria" von Vivaldi, das "Laudate Dominum" von Mozart oder ein "Tantum ergo" von Schubert - und vieles andere mehr ... "Zauber" - das erinnert mich aber auch an Zauberei, Hokuspokus, Magie, Hexerei ? ganz zu schweigen von den Hexenverfolgungen und -prozessen. Aber vielleicht ist das schon zu weit hergeholt. Darum möchte ich in diesem Zusammenhang (des Glaubens) statt von Zauber lieber von "Faszination" reden. Der Religionswissenschaftler und Theologe Rudolf Otto (1869-1937) nennt das Göttliche "tremendum et fascinosum": jenes Geheimnis, das Furcht und Faszination auslöst. Von Furcht und Schrecken ist in der Bibel immer wieder an entscheidenden Stellen die Rede: "Sie fürchteten sich sehr" (Lk 2,9): Das wird uns von den Hirten berichtet, die von den Engeln die Botschaft von der Geburt Jesu erfuhren. Die Frauen am Grab Jesu fürchteten sich, als ihnen Engel die Auferstehung Jesu mitteilten (Lk 24,5). Wenn auch der Glaube nicht etwas Schreckliches ist - im Gegenteil - kann Erschrecken zum Glauben führen, wie es bei den Hirten in Bethlehem und den Frauen am Grab Jesu geschah. Damit haben Zauberei und Magie, aber auch Angst und Zwang(haftigkeit) im Glauben nichts verloren. Glaube soll heilen, gesund machen, Ängste abbauen und Zuversicht wecken. Deswegen läuft im Glauben nicht immer alles glatt, wie nach Wunsch. Wenn Jesus Wunder wirkt, dann sind das keine Zauberkünste, die er da vollbringt, sondern damit setzt er Zeichen für die anbrechende Herrschaft Gottes. Jesus will die Menschen nicht be- oder verzaubern, sondern mit der Wirklichkeit des Lebens vertraut machen und ihnen damit wirklich entscheidend weiterhelfen. "Zauber im Glauben": Ja und Nein. Wer nur den Zauber im Glauben sucht, zum Beispiel an Weihnachten (so schön das Fest ist), wird auf die Dauer jedoch zu kurz kommen. Denn das Leben hält nicht nur "Zauber" oder Märchenhaftes bereit. Man kann sich nicht um das herumdrücken, was es auch im Leben (und damit auch im Glauben) gibt, nämlich die Schattenseiten, das Leid(en), das Sterben, das Kreuz, den Gekreuzigten. Er ist ja der Mittelpunkt unseres Glaubens. Aber es bleibt ja nicht beim Karfreitag; denn über dem Hügel des Berges Golgotha leuchtet bereits das Licht des Ostermorgens. Das verzaubert mich nicht, aber es fasziniert mich umso mehr. Und es gibt mir Mut zum Leben. Ich wünsche es Ihnen ebenso. |